Rundfunk- und Zeitungsberichte:
Mit Auswahl und Abdruck der folgenden Berichte wird weder eine
Gewähr für die Richtigkeit übernommen noch eine Stellungnahme
der Sonderforschungsstelle www.Folterstaat.de zum Ausdruck gebracht.
"DIE WELT" vom 23. Mai 1998, Seite 5:
UN-Komitee rügt deutsche Polizei
dpa Genf - Das Antifolter-Komitee der Vereinten Nationen
(UN) ist besorgt über die Zahl der Mißhandlungen in
deutschem Polizeigewahrsam. Das geht aus einem Bericht des
Komitees hervor, der am Freitag in Genf veröffentlicht wurde.
... Die Zahl der Anklagen und Verurteilungen gegen Polizisten sei
sehr gering. Das Komitee empfiehlt, sowohl Disziplinar- als auch
gerichtliche Maßnahmen gegen Beamte zu verstärken.
"junge Welt" vom 4. März 2003
URL: http://www.jungewelt.de/2003/03-04/003.php
Alltägliche Folter
Das wird in der aktuellen Diskussion praktisch nicht mehr geleugnet. Die Debatte hat eine lange Vorgeschichte
Von Ulla Jelpke
[...]
"SPIEGEL ONLINE" vom 21. Februar 2003, 10:01
URL: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,druck-237100,00.html
Psychoterror mit "zwei großen Negern"
Von Jochen Bölsche
Angesichts der Bereitschaft der Frankfurter Polizei, Verdächtigen in Extremfällen "Schmerzen zuzufügen"
und bei Vernehmungen ein "Wahrheitsserum" anzuwenden, fürchten Menschenrechtler eine Renaissance der Folter in
Deutschland. Wie dünn ist der zivilisatorische Lack, der die Prügel- und Folterwünsche überdeckt,
die offenbar tief im Volksbewusstsein wurzeln?
Hamburg - Was der inhaftierte Mordverdächtige seinem Anwalt zu Protokoll gab, hörte sich an wie eine
Erzählung aus anderen Zeiten oder aus anderen Breiten. Zuerst, berichtete der Mandant, habe ihm ein Vernehmer angedroht,
wenn er nicht sofort die Wahrheit sage, werde er selber ihm "die Zähne ausschlagen".
Dann sei er mit der Ankündigung in Angst und Schrecken versetzt worden, die Polizei werde ihn zur Vergewaltigung durch
brutale Mitgefangene freigegeben: "Zwei große Neger" warteten schon in seiner Zelle auf ihn.
Schließlich habe die Polizei ihn in den Glauben versetzt, per Hubschrauber sei gerade ein "Spezialist" im Anflug,
der in der Lage sei, ihm "Schmerzen zuzufügen", wie er sie "noch nie erlebt" habe - dann werde er wünschen,
"nie geboren worden zu sein". [...]
"Nur für die Handakte der Polizei/StA"
Ein interner Vermerk des Frankfurter Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner verleiht den Behauptungen plötzlich
Glaubwürdigkeit: Zu einem Zeitpunkt, zu dem die Polizei den entführten Bankierssohn noch am Leben wähnte,
ordnete Daschner an, den mutmaßlichen Kidnapper zwecks Preisgabe des Aufenthaltsorts seines Opfers
"nach vorheriger Androhung, unter ärztlicher Aufsicht, durch Zufügung von Schmerzen (keine Verletzungen)
erneut zu befragen". Mit anderen Worten: Die Polizei sollte dem Verdächtigen nicht nur Gewalt androhen, sie war,
wie der Vermerk ("Nur für die Handakte der Polizei/StA") belegt, darüber hinaus gewillt, im weiteren Verlauf der
Vernehmung zur "Rettung des Lebens des entführten Kindes" körperliche Gewalt anzuwenden.
Die interne Notiz offenbart nicht nur, dass sich Polizei-Vize Daschner über Skrupel von Kollegen hinwegsetzte:
"Die von KOR Wenz erhobenen Bedenken wurden in einer weiteren Besprechung... zurückgestellt".
Auf der Suche nach dem "Wahrheitsserum"
Das Papier enthüllt auch eine andere Merkwürdigkeit: Während der Verdächtige polizeilichem
Psychoterror ausgesetzt war, wurde "der Polizeiführer S. Müller beauftragt, zu prüfen, ob ein 'Wahrheitsserum'
beschafft werden kann".
Dass es trotz dieser Anweisungen dann schließlich doch nicht zu körperlicher Gewalt und zu pharmazeutischer
Zwangsbehandlung kam, lag nur daran, dass der Festgenommene rechtzeitig eingeräumt hatte, das Opfer sei bereits tot.
"Durch das inzwischen abgelegte Geständnis war die Maßnahme entbehrlich," endet der Vermerk, der die
Frankfurter Staatsanwaltschaft umgehend veranlasste, ein Ermittlungsverfahren gegen Daschner und mehrere Kripobeamte einzuleiten.
[...]
Ein Sprecher des Frankfurter Polizeipräsidenten billigte nach dem Bekanntwerden des Vermerks ausdrücklich die
darin angekündigten Praktiken: "Hätte die Drohung nicht gewirkt, hätten wir ihm Schmerzen zufügen
müssen."
[...]
"Stromstöße von hoher Voltzahl"
Immerhin, im jüngsten Jahresbericht konnte Amnesty Deutschland über die Verwendung einiger derartiger
Geräte Auskunft geben: "Bei den Polizeibehörden in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern,
Berlin und Nordrhein-Westfalen befanden sich Berichten zufolge Elektroschockwaffen in der Erprobung".
Aus diesen Geräten vom "Typ M-26" könnten mit Widerhaken versehene, an Drähten befestigte Pfeile
abgeschossen werden, über sich "Stromstöße von hoher Voltzahl abgeben" ließen.
Als Amnesty den Bericht Ende vorigen Jahres, zwei Wochen vor Weihnachten, veröffentlichte, mag manch einer die darin
ausgedrückte "Sorge" für übertrieben gehalten haben, die Schockgeräte könnten in Deutschland zum
polizeilichen Einsatz kommen, bevor hinlänglich "Klarheit über die medizinischen Auswirkungen dieser Technologie"
bestehe.
Aber damals hatten sich Polizei-Offizielle auch noch nicht, wie jetzt in Frankfurt, offen dazu bekannt, der Wahrheitsfindung
im Extremfall durch Zufügung "großer Schmerzen" dienen zu wollen.
"DER TAGESSPIEGEL" - online vom 20. Februar 2003
URL: http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/20.02.2003/446413.asp
Richterbund: Folter ist im Notfall erlaubt
Zum Beispiel bei Terrorgefahr
Berlin (neu). Der Vorsitzende des Deutschen Richterbunds, Geert Mackenroth, hat das Vorgehen der Polizei in Frankfurt
verteidigt. Zu den Vorwürfen, der mutmaßliche Mörder von Jakob von Metzeler sei durch Folterdrohung zu der
Aussage gezwungen worden, wo das Kind gewesen sei, sagte er dem Tagesspiegel: Es sind Fälle vorstellbar,
in denen auch Folter oder ihre Androhung erlaubt sein können, nämlich dann, wenn dadurch ein Rechtsgut verletzt wird,
um ein höherwertiges Rechtsgut zu retten." Als Beispiel nannte er die Möglichkeit, dadurch Terroranschläge
wie in New York zu verhindern.
"SPIEGEL ONLINE" vom 18. Februar 2003, 17:54
URL: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,druck-236664,00.html
Anwalt bezeichnet Polizisten als Verbrecher
Am Mittwoch wird im Mordfall Jakob von Metzler Anklage erhoben. Am Tag zuvor forderte der Anwalt des mutmaßlichen
Täters die Suspendierung von fünf Frankfurter Polizeibeamten: Sie hätten sich der Aussageerpressung schuldig
gemacht.
Frankfurt/Main - Mit seiner Forderung reagierte Anwalt Ulrich Endres auf die am Montag bekannt gewordenen Vorwürfe
gegen den stellvertretenden Polizeichef von Frankfurt, Wolfgang Daschner. Dieser soll Vernehmungsbeamte angewiesen haben,
dem mutmaßlichen Mörder Jakobs, Magnus G., mit körperlicher Gewalt zu drohen, falls dieser nicht den
Aufenthaltsort des Elfjährigen verrate.
Bereits die Drohung mit Gewalt sei ein Verbrechen, betonte Endres. "Dieses Verbrechen ist auch nicht durch einen irgendwie
gearteten Notstand gerechtfertigt." Der Anwalt forderte die Suspendierung des ganzen Vernehmungsteams. "Hier sind alle Grenzen
des Rechtsstaats überschritten worden." Aussage-Erpressung sei nach Paragraf 343 Strafgesetzbuch strafbar.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt bislang nur gegen Daschner und einen weiteren Polizisten.
Daschner soll angeordnet haben, den mutmaßlichen Mörder notfalls zu foltern und ihm dies vorher anzudrohen,
um den Aufenthaltsort des entführten Jakobs herauszufinden. Nach der Drohung mit physischer Gewalt eines
"eigens dafür ausgebildeten Spezialisten", der bereits im Anflug sei, hatte er schließlich den späteren
Leichenfundort in einem kleinen osthessischen Teich genannt. Vorher hatte er die Beamten mehrfach in die Irre geschickt.
Endres zufolge ist dem Mann auch mit der Vergewaltigung durch Mitgefangene bedroht worden. Ein Beamter habe Magnus G. gedroht,
er werde zu ihm "zwei große Neger" in die Zelle sperren. Sein mandant habe nach eigenen Worten große Angst bekommen.
[...]
"WESTFALENPOST" Online vom 31. Mai 2002
URL: http://www.westfalenpost.de/
Mobbing-Fall: Gefesselt am Kleiderhaken
Von Torsten Berninghaus
Hagen. Schwere Vorwürfe erhebt eine ehemalige Hagener Polizistin gegen ihre Ex-Kollegen der Polizeiinspektion Süd.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Körperverletzung im Amt gegen neun Beamte, darunter Vorgesetzte sowie eine Polizistin.
Die Beschuldigten wurden versetzt.
Obwohl bisher keine Ermittlungen stattgefunden haben, bat gestern Polizeipräsidentin Ursula Steinhauer zur
Pressekonferenz. Sie sprach von einem Spagat zwischen der Fürsorgepflicht gegenüber Opfern und der Vermeidung
von Vorverurteilungen. Offenbar sind die Vorwürfe so ungeheuerlich, dass die Polizeipräsidentin unmittelbar mit
Versetzungen antwortete. "Ich wollte auf der sicheren Seite sein", sagte Frau Steinhauer. Sie hatte die vielseitige
Dienstaufsichtsbeschwerde - anwaltlich formuliert - über das Innenministerium erreicht.
Zu den Inhalten: Zwischen Oktober 1999 und Ende 2000 soll es in der Wache Prentzelstraße - insbesondere innerhalb
einer Dienstgruppe - zu Psychoterror und zu einer Körperverletzung gekommen sein.
Höhepunkt, so schildert die Beschwerde, sei gewesen, dass die heute 27-jährige Polizeimeisterin
von Kollegen überwältigt, mit Handschellen gefesselt an einen Kleiderhaken gehängt
worden sei. Dabei hätten die Füße der jungen Frau gerade noch den Boden berührt.
Hilfeschreie seien nicht beachtet worden. Im Gegenteil:
Einige Kollegen sollen sich sogar lustig gemacht haben mit Bemerkungen wie:
"Je weniger du dich bewegst, um so weniger tut es weh." Oder: "Das ist ein Frauenparkplatz."
Die Staatsanwaltschaft Hagen bestätigte gestern, ein Ermittlungsverfahren eröffnet zu haben. "Es geht um
Körperverletzung im Amt", sagte Oberstaatsanwalt Johannes Daheim. Ermitteln wird die Bochumer Polizei.
Derweil wird Ursula Steinhauer disziplinarrechtliche Vorermittlungen im eigenen Haus aufnehmen. Diese richten sich auf einen
Komplex, den die Präsidentin gestern unter dem Stichwort "Mobbing" zusammenfasste. Denn in der
Dienstaufsichtsbeschwerde sind eine Vielzahl von Gegebenheit aufgelistet, die kein gutes Licht auf die Dienstgruppe fallen lassen.
Die junge Polizistin gibt an, nur selten einen Streifenwagen habe fahren dürfen ("Frau am Steuer, Ungeheuer..."),
häufig ausgegrenzt oder beschimpft und wegen der Urlaubsplanung unter Druck gesetzt worden zu sein. Bei einem
Einbruchs-Einsatz in einem Supermarkt sei es um die Anforderung eines Polizeihundes gegangen. Dazu soll der beschuldigte
Dienstgruppenleiter gesagt haben:
Ein Diensthund wäre zu schade, die Polizistin solle hinein gehen.
Nachgetragen werden muss, dass die beschwerdeführende Beamtin seit März 2001 gegen ihre (schlechte)
Benotung vor dem Verwaltungsgericht klagt. Seit Oktober 2001 ist die Polizeimeisterin nicht mehr in Hagen. Die neuen Vorwürfe
sind erst seit 10 Tagen in Hagen bekannt. Ursula Steinhauer: "Jetzt müssen wir schnell für Aufklärung
sorgen."
Der "Kölner Stadt-Anzeiger" informiert:
Der Todesfall Stefan Neisius (+ Köln, 24. Mai 2002)
http://www.ksta.de/artikel.jsp?id=1022100645126
http://www.ksta.de/artikel.jsp?id=1022172927184
http://www.ksta.de/artikel.jsp?id=1022172927138
"Kölns Prügel-Polizisten kein Einzelfall"
URL: http://www.express.de/
"Wut-Demo gegen Prügel-Polizisten"
und weitere Artikel: http://www.express.de/
WDR II, Radionachrichten vom 24.05.2002
Kölner nach angeblichen Polizeiübergriffen tot (13:42)
Ein angeblich von Kölner Polizisten misshandelter Mann ist nach zweiwöchigem Koma gestorben.
Die Leiche des 31-Jährigen soll am Nachmittag obduziert werden. Der Mann war im Polizeigewahrsam zusammengebrochen,
als ihm Blut abgenommen werden sollte. Zuvor soll er nach Zeugenaussagen von fünf bis sechs Polizisten schwer misshandelt
worden sein.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Behrens zeigte sich bestürzt über den Tod des Mannes und forderte eine
rückhaltlose Aufklärung des Vorfalls. Auch sei er besorgt darüber, so Behrens, dass gegen Beamte der
Polizeiwache Köln-Eigelstein nicht zum ersten Mal Misshandlungsvorwürfe erhoben würden.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sechs Beamte der Wache. Gegen zwei Kollegen wird wegen unterlassener Hilfeleistung
ermittelt.
WDR II, Radionachrichten vom 24.05.2002
Kölner nach angeblichen Polizeiübergriffen tot (12:58)
Ein angeblich von Kölner Polizisten misshandelter Mann ist nach zweiwöchigem Koma gestorben.
Die Leiche des 31-Jährigen soll am Nachmittag obduziert werden. Der Mann war im Polizeigewahrsam zusammengebrochen,
als ihm Blut abgenommen werden sollte. Zuvor soll er nach Zeugenaussagen von fünf bis sechs Polizisten schwer misshandelt
worden sein.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit zwei Wochen gegen sechs Beamte der Kölner Eigelstein-Wache. Gegen zwei Kollegen
wird wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt. Als Folge der Affäre hatte Polizeipräsident Steffenhagen den Leiter der
Polizei-Inspektion abberufen und weitere interne Maßnahmen angekündigt.
"Westfälische Nachrichten" vom 22. Mai 2002, Seite R PO 03
Rambo in Uniform?
Köln (lnw). Unter den sechs Kölner Polizisten, die einen festgenommenen Randalierer misshandelt haben sollen,
war nach Presseberichten ein "Rambo in Uniform". Dieser Polizist sei bereits mehrfach wegen Körperverletzung im Amt angezeigt
worden, berichtete eine Zeitung.
Der angeblich misshandelte 31 Jahre alte Mann lag weiter mit einem Hirnödem im Koma. Ihm werden kaum noch Überlebenschancen
gegeben.
Laut Zeitung wurden gegen den "Rambo in Uniform" bereits zwölf Strafanzeigen erstattet. Die Aggressivität des knapp
30-Järigen sei auch unter Kollegen bekannt. "Der fackelt nicht lange", soll einer gesagt haben. Wie aus Behördenkreisen
verlautete, sollen die weitaus meisten Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt worden sein.
Die sechs Polizisten sollen den 31-Jährigen am 11. Mai in einem Polizeibus und auf einer Innenstadtwache getreten und
geschlagen haben.
"Freie Presse" Online, 22. Mai 2002
URL: http://www.freiepresse.de/TEXTE/NACHRICHTEN/REGIONAL/VOGTLAND/PLAUEN/TEXTE/312857.html
Plauen: Staatsanwalt klagt Prügel-Polizist an
Plauener Kriminaloberkommissar soll seine Ehefrau misshandelt haben - Staatsanwaltschaft erhebt Anklage -
Verhandlung im Juni
Der Plauener Kriminaloberkommissar Hans-Jürgen M. wartet auf seine Gerichtsverhandlung. Die Vorwürfe, derentwegen er Anfang Juni auf der Anklagebank sitzen
wird, wiegen schwer. M. soll seine Ehefrau
verprügelt und vergewaltigt
haben. Nach Abschluss ihrer Ermittlungen erhob die Staatsanwaltschaft Plauen jetzt Anklage gegen
den 48-Jährigen. Im Polizeidienst arbeitet der eher unscheinbare Mann nicht mehr. „Entlassen haben wir ihn nicht, aber suspendiert“, sagt Gerhard Thierbach,
Sprecher des Polizeipräsidiums Chemnitz. Dieser Schritt deutet auf die Härte des vorgeworfenen Vergehens. Noch zu Beginn der Ermittlungen im November erklärte
Sven Erik Wecker, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Polizeigewerkschaft in Berlin, dass einer Suspendierung ein Gerichtsurteil zu Grunde liegen müsse. Als
Beispiele dafür nannte er ein Tötungsdelikt und mehrfache schwere Körperverletzung. Die Ehefrau zeigte Hans-Jürgen M. im September vergangenen
Jahres an. Er soll ihr mit der Dienstwaffe gedroht und sie geschlagen haben. Während einer Auseinandersetzung habe er ihr den Kiefer gebrochen. Die Frau flüchtete
gemeinsam mit ihrem behinderten Kind in ein Frauenhaus fernab von Plauen. „In der Anklageschrift geht es um mehrere Arten der Körperverletzung und um sexuellen
Missbrauch“, sagt Reinhard Blümel, stellvertretender Direktor des Amtsgerichts in Plauen. Welche Strafe den Mann im Falle eines Urteils erwartet, konnte Blümel
am Mittwoch nicht sagen. In der Plauener Polizeidirektion spielte der verdächtigte Beamte eine wichtige Rolle - ausgerechnet in Sachen Gewaltprävention. Er sprach
vor Schulklassen unter anderem darüber, was Gewalt bedeutet und hatte die Mission, dieser vorzubeugen. Er leitete die im Rathaus untergebrachte Kriminalpolizeiliche
Beratungsstelle. In obersten Polizeikreisen waren die Vorwürfe gegen M. bekannt. Von der öffentlich wirksamen Aufgabe wurde er jedoch erst nach Presseberichten
über den Fall entbunden und arbeitete im Innendienst weiter. Das geschah erst zwei Monate, nachdem die Ehefrau Anzeige erstattet hatte. Auch seine Dienstwaffe musste
der Kommissar erst zu diesem Zeitpunkt abgeben. „Es gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung“, sagte Sprecher Gerhard Thierbach damals.
Die Beratungsstelle der Polizei im Plauener Rathaus leitet seit Jahresbeginn Michael Hendel, ebenfalls Kriminaloberkommissar und ehemaliger Pressesprecher. Schon im
Februar entschied sich das Polizeipräsidium Chemnitz laut Thierbach im Fall M. für ein „Verbot der Führung der Dienstgeschäfte“. Im Moment
muss Hans-Jürgen M. auf eine Polizeizulage in Höhe von 114 Euro verzichten, sein Gehalt erhält er trotz Suspendierung. Wie sich seine Laufbahn bei der Polizei
entwickelt, wird das Strafverfahren kommenden Monat entscheiden. Das Amtsgericht Plauen plant zwei Verhandlungstermine.
(manu)
"YAHOO! Schlagzeilen" Online vom 21. Mai 2002, 13:57
Prügel-Vorwürfe gegen Kölner Polizisten
Köln (dpa) - Einer der sechs Kölner Polizisten, die einen festgenommenen Randalierer misshandelt haben sollen, ist bereits
mehrfach wegen Körperverletzung im Amt angezeigt worden. Das berichtet der »Kölner Express«. Seine
Aggressivität sei auch unter Kollegen bekannt, heißt es. Der angeblich misshandelte 31 Jahre alte Mann liegt indes weiter
im Koma. Ihm werden kaum noch Chancen zum Überleben gegeben. Das Opfer soll in einem Polizeibus und auf der Wache gefesselt
und danach getreten und geschlagen worden sein.
"Westfälische Nachrichten" vom 18. Mai 2002, Seite R PO 3
Neuer Zeuge belastet Polizisten
Köln (lnw). Ein neuer Augenzeuge hat die sechs Kölner Polizisten, die einen festgenommenen Randalierer
misshandelt haben sollen, schwer belastet.
Der 31-jährige soll nach der Aussage des Zeugen unmittelbar nach der Festnahme am
11. Mai bereits in einem Polizeibus von Beamten geschlagen worden sein. Dabei sei er in wehrlosem Zustand gewesen.
Wie die Polizei gestern mitteilte, nimmt sie den 27-jährigen Zeugen ernst. Kölns Oberstaatsanwältin Regine
Appenrodt [...] erklärte, die Staatsanwaltschaft weite ihre Ermittlungen jetzt auf zwei andere Polizisten aus.
"Kölner Stadt-Anzeiger" Online, 15. Mai 2002
URL: http://www.ksta.de/artikel.jsp?id=1021383488562
Einsatz mit schlimmen Folgen
VON AXEL SPILCKER
Köln erschüttert einer der größten Polizeiskandale. Sechs Beamte sollen einen Gefangenen misshandelt
haben. Der Mann fiel später ins Koma - die Ärzte haben kaum Hoffnung mehr.
Nach dem Tipp hatten es die Ermittler der Mordkommission furchtbar eilig. Am Dienstag berichteten ein Schutzpolizist der Wache
in der Kölner Südstadt, dass Kollegen, die im Verdacht stehen, den 31-jährigen Kölner Stefan Neisius
misshandelt zu haben, Stiefel und Teile der blutverschmierten Uniform beiseite schaffen wollten. Die vernehmenden Kripo-Leute
reagierten sofort. Noch am Abend und in der Nacht zum Mittwoch durchsuchten sie die Wohnungen der Verdächtigen sowie
Spinde in der Südstadt-Wache. Dabei stellten sie Teile der gesuchten Kleidungsstücke sicher.
Die Geschichte aus dem Polizeibericht am Mittwoch weckt längst vergessene Negativ-Klischees von Prügel-Polizisten,
die mit Lügen und Intrigen versuchen, ihre Verfehlungen im Amt zu vertuschen. Schlimmer noch: Das mutmaßliche Opfer
polizeilicher Schläge, der arbeitslose Schreiner, Stefan Neisius, liegt seither in der Kölner Universitätsklinik im Koma.
Die Ärzte haben kaum noch Hoffnung. Wie es aus Polizeikreisen heißt, wird der Patient nur noch durch die
Herz-Lungen-Maschine am Leben erhalten. Eine Untersuchung zur Frage des Hirntods soll nun darüber entscheiden, ob man
sie nicht abschalten muss. [...]
"Westfälische Nachrichten" vom 16. Mai 2002, Seite RPO03
Verdacht erhärtet
Köln (lnw). Im Ermittlungsverfahren gegen sechs Köner
Polizeibeamte, die einen Randalierer misshandelt haben sollen,
verdichten sich Hinweise auf Gewaltanwendung. Der in Lebensgefahr schwebende 31-jährige Mann weist im Gesicht an der
linken Stirnhälfte "ein deutlich geformtes,
frisches Hämatom, nach Art eines Schuhsolenabdrucks auf".
Das ergab ein Gutachten der Uni Köln.
"Westfälische Nachrichten" vom 14. Mai 2002, Seite RPO03
Vorwürfe gegen fünf Polizisten
Köln (lnw). Fünf Polizeibeamte sollen einen
Mann (31), der in Lebensgefahr schwebt,
auf einer Kölner Wache misshandelt haben. Polizei und Staatsanwaltschaft teilten in Köln mit, dass gegen die Beamten
ein Ermittlungsverfahren "zunächst wegen Verdachts der Körperverletzung" eingeleitet worden sei. Zwei Polizisten
wollen beobachtet haben, wie ihre Kollegen den gefesselten Mann in der Zelle schlugen und traten.
"Süddeutsche Zeitung" Online, 15. April 2002
URL: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/imzentrum/41387/index.php
Polizist soll 15-Jährige vergewaltigt haben
Die Münchner Staatsanwaltschaft hat gegen einen 34-jährigen
Polizisten Haftbefehl wegen der Vergewaltigung eines 15-jährigen Mädchens erwirkt.
Von Christian Rost
(SZ vom 16.04.2002) Das Mädchen ist von Zuhältern drogenabhängig gemacht und
über Jahre hinweg zur Prostitution gezwungen worden. Als sie sich in ihrer Not während eines
Oktoberfestbesuches an einen Polizisten wandte, nutzte dieser ihre Notlage offenbar aus und vergewaltigte sie.
Der Beamte und drei der Zuhälterei beschuldigten Männer wurden jetzt festgenommen. [...]
"Westfälische Nachrichten" vom 4. April 2002, Seite RAW1
Polizist als Drogenhändler?
Kassel (AP). Ein 34-jähriger Polizeibeamter aus dem Landkreis Hersfeld-Robenburg ist wegen des Verdachts des
Drogenhandels festgenommen worden. Wie die Staatsanwaltschaft Kassel gestern mitteilte, soll der Polizist kiloweise Amphetamine
verkauft haben. [...]
"EXPRESS" ONLINE, 22. Februar 2002
URL: http://www.express.de/koeln/2445878.html
Darf so jemand Polizist werden?
Für Polizei-Job ungeeignet!
Von VOLKER ROTERS und OLIVER MEYER
WDR II, Nachrichten für das östliche Ruhrgebiet vom 18.12.2001
Verurteilter Polizei-Beamter bleibt suspendiert (07:18)
Das erklärte Hagens Polizeipräsidentin Ursula Steinhauer nach der gestrigen Urteilsverkündung gegen den
Polizisten. Wie berichtet, war der Kommissar wegen Körperverletzung im Amt zu 23.400 Mark Geldstrafe verurteilt worden.
Das Schöffengericht Hagen befand ihn schuldig, einen Häftling in der Arrestzelle des Hagener Polizeipräsidiums
misshandelt zu haben.
WDR II, Nachrichten für das östliche Ruhrgebiet vom 17.12.2001
Geldstrafe für Polizeikommissar (14:50)
Für die Misshandlung von Häftlingen im Polizeigewahrsam mit Fausthieben und Tritten muss der Verurteilte
23tausend 400 Mark Strafe bezahlen. Das Schöffengericht Hagen hielt ihn für schuldig. Zwei mitangeklagte Polizeikollegen
wurden vom Gericht frei gesprochen. Der verurteilte Polizist muss nicht aus dem Polizeidienst ausscheiden. Er hält sich für
unschuldig und hat Berufung angekündigt.
WDR II, Nachrichten für das östliche Ruhrgebiet vom 28.11.2001
Polizisten vor Gericht (07:13)
Drei Kommissare aus Hagen müssen sich ab Montag wegen Körperverletzung vor dem Hagener Schöffengericht
verantworten. Sie sollen zwischen Juli 1999 und September 2000 vier Inhaftierte in ihrer Zelle getreten und geschlagen haben. Die
Anklage lautet auf Körperverletzung im Amt. Den Polizisten drohen Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und fünf
Jahren.
WDR II, Nachrichten aus dem Ruhrgebiet vom 30.10.2001
Essen: Verfahren gegen Polizisten eingestellt (16:54)
Wegen geringer Schuld hat das Essener Amtsgericht das Strafverfahren gegen 2 Polizeibeamte fallen lassen. Die 26 und 27 Jahre
alten Männer sollen in einem Schnellrestaurant randaliert, eine Verkäuferin beschimpft und zwei Mitarbeiter
zusammengeschlagen haben.
WDR II, Nachrichten aus dem Ruhrgebiet vom 30.10.2001
Essen: Polizisten vor Gericht (08:56)
Zwei Beamte der Essener Polizei müssen sich heute vor dem Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung
und Beleidigung verantworten. In einem Schnellrestaurant sollen die 26 und 27 Jahre alten Männer eine ausländische
Verkäuferin beschimpft und mit einem Cheeseburger beworfen haben. Als zwei Mitarbeiter zu Hilfe kamen, sollen die offenbar
betrunkenen Beamten auf sie eingeschlagen und einem
das Nasenbein gebrochen haben.
"junge Welt" vom 26. Februar 2001
URL: http://www.jungewelt.de/2001/02-26/009.shtml Folter als Geschäft
amnesty startet Kampagne gegen den Handel mit Marterinstrumenten
Am heutigen Montag startet amnesty international (ai) die
Kampagne »Für eine Welt frei von Folter« gegen den
weltweiten Handel mit Folterinstrumenten. Begriffe wie
»Sicherheitsausrüstung« oder »Elektroschockwaffen« in
Prospekten der Hersteller umschrieben oft nichts anderes als
Folterinstrumente, so ai. Der Handel mit diesen Geräten habe
in den letzten Jahren erheblich zugenommen.
In dem heute veröffentlichten Bericht »Die Geschäfte mit
der Folter stoppen« dokumentiert ai den wachsenden Handel
mit Folterwerkzeugen aller Art. Die
Menschenrechtsorganisation kritisiert, daß vielen Regierungen,
darunter auch der Bundesregierung, der politische Wille fehlt,
Produktion und Export von Geräten, die zu Folterzwecken
eingesetzt werden können, einen Riegel vorzuschieben. Eine
bedrückende Bilanz zieht Mathias John, Sprecher des
Arbeitskreises »Wirtschaft, Rüstung und Menschenrechte«
der deutschen Sektion von ai: »In den 70er Jahren waren
lediglich zwei Firmen bekannt, die mit Hochspannungs-
Elektroschockwaffen handelten. Heute sind es weltweit mehr
als 150.«
In den vergangenen zwei Jahren hat amnesty international
in 22 Ländern Produktion von oder Handel mit
Elektroschockwaffen registriert. Die führende Rolle im
weltweiten Handel mit den Elektroschockern spielen die USA
mit 97 Produzenten oder Anbietern. Aber auch in Deutschland
werfen 30 Firmen solche Ausrüstung auf den Markt. Trotz der
1997 auf Forderungen von ai eingeführten Exportkontrollen für
Elektroschocker in Deutschland fehlt noch immer jede
Transparenz der Ausfuhren. Mit welchem Zynismus
Geschäfte mit Folterinstrumenten gemacht werden, belegt die
Aussage eines Anbieters, die sich in der ai-Dokumentation
findet: »Elektrizität spricht jede Sprache. Sie braucht keine
Übersetzung. Jeder Mensch hat Angst vor Stromschlägen und
das zu Recht«, so Dennis Kaufmann, Direktor von Stun Tech
Inc., einer US-amerikanischen Firma, die Elektroschockgürtel
herstellt. Per Fernbedienung können Stromstöße von 50 000
Volt ausgelöst werden. Die Elektroden befinden sich in der
Nähe der Nieren und fügen dem Opfer große Schmerzen zu.
Elektroschockgeräte werden in vielen Ländern eingesetzt, um
Gefangene zu foltern, auch weil sie kaum sichtbare Spuren am
Körper des Opfers hinterlassen.
Auch Handschellen oder Tränengas würden verstärkt bei
Mißhandlungen und Folter eingesetzt. So sei in den USA der
Einsatz von Pfefferspray von Gerichten als übertriebene
Gewaltanwendung verurteilt worden. Trotzdem habe die
Polizei 1999 in Seattle zur Auflösung von Demonstrationen
Projektile verschossen, die bei ihrem Aufprall Pfefferspray
freisetzen.
Ein anderer Aspekt sei der Transfer von Know-how. Auch
hier haben die USA eine Spitzenstellung: In der »School of the
Americas« seien zwischen 1982 und 1991 viele Militärs aus
lateinamerikanischen Staaten ausgebildet worden. Zur
Ausbildung gehörten Hinrichtungen, Folter, Schläge und
Erpressung. Auch europäische Länder seien in dieser Weise in
Erscheinung getreten. Frankreich habe zum Beispiel das für
Folterungen berüchtigte Regime des Präsidenten von Togo auf
diesem Wege unterstützt. Ein hochrangiger Polizeioffizier, der
von der togolesischen Menschenrechtskommission wegen der
Folter an vier Personen angeklagt war, wurde von den
Franzosen mit einem Orden dekoriert.
Mit konkreten Forderungen tritt die
Menschenrechtsorganisation auch an die Bundesregierung
heran: Die soll Einsatz, Herstellung, Werbung, Handel und
Export von Waffen, Polizeiausrüstung und Einsatzmitteln, die
grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung
oder Folter dienen können, verbieten. Außerdem sollte Berlin
für einen sofortigen Stopp des Einsatzes und des Exportes
solcher Ausrüstung und Einsatzmittel eintreten, deren
gesundheitliche Auswirkungen nicht vollständig bekannt sind
(Elektroschockwaffen). Geboten sei ein sofortiges
Exportverbot für alle Ausrüstung (z.B. Fesselwerkzeuge wie
Fußketten, Daumenfesseln, Pfeffergaswaffen), die die Gefahr
unverhältnismäßiger Verletzungen mit sich bringt und für
Folter und Mißhandlungen eingesetzt werden kann.
»Als ersten Schritt« so Mathias John, »erwarten wir von
der Bundesregierung auch Transparenz für diese Art von
Rüstungstransfers. Es kann nicht sein, daß solche Lieferungen
zum Beispiel im Rüstungsexportbericht der Regierung
ausgespart bleiben«. Hier solle die Bundesregierung im
Bestreben für die weltweite Abschaffung der Folter mit gutem
Beispiel vorangehen und sich konseqent für den sofortigen
Stopp von Produktion und Vertrieb »reiner Folterwerkzeuge«
einsetzen. Vor allem mit Blick auf die ungelösten Fragen von
wirksamen Kontrollen und größtmöglicher Transparenz bei
anderen Rüstungstransfers sei es außerdem nötig,
Anknüpfungspunkte für gemeinsame Aktionen mit anderen
Organisationen und Initiativen zu finden.
[...] Doch wie sein Vorgänger Klaus Kinkel sperrt sich der grüne Außenminister
Joseph Fischer dagegen, eine solche Maßnahme zu
beschließen. Menschenrechtsverletzungen, Mißhandlungen
und Folter sind für die Bundesregierungen - egal welcher
Couleur - offenbar kein Grund, den gesetzlichen
Bestimmungen gemäß Konsequenzen zu ziehen.
Thomas Klein
"junge Welt" vom 19. Dezember 2000
URL: http://www.jungewelt.de/2000/12-19/003.shtml Systematische Mißhandlung
Menschenrechtsvereinigung Addameer wirft Israel Folter palästinensischer Gefangener vor
Die breit angelegte Verhaftungswelle, die die israelischen
Besatzungskräfte seit dem Beginn der Al-Aksa-Intifada am
29. September dieses Jahres durchführen, geht weiter. Die
palästinensische Gefangenenunterstützungs- und
Menschenrechtsvereinigung Addameer schätzt, daß es etwa
1650 palästinensische Gefangene in israelischen Haftanstalten
gibt. Besuche in israelischen Gefängnissen durch die Anwältin
von Addameer, Sahar Francis, ergaben, daß die israelischen
Behörden und Geheimdienste lange Verhörsitzungen mit
palästinensischen Gefangenen durchführen. Während der
Verhöre sind die Häftlinge der Folter ausgesetzt. So werden
ihre Hände mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt, die
Handschellen werden dann an der Rückenlehne eines kleinen
Stuhls befestigt, auf dem die Gefangenen über längere Zeit
sitzen müssen. Den meisten Gefangenen werden Besuche
durch Familie und Anwalt für den Zeitraum bis zum Ende der
Verhöre verweigert.
Auch der Gefangene Mahmoud Salah Iddin war der
»position abuse« ausgesetzt, für Zeiträume von 20 Stunden und
mehr. Er mußte auf einem kleinen Stuhl in einer
schmerzhaften Haltung sitzen und wurde so etwa fünf Tage
lang hintereinander verhört. Besuche wurden ihm 15 Tage
lang verweigert, ab dem Tag seiner Festnahme am 30.
Oktober 2000 bis zum 14. November 2000. Er wurde später
freigelassen und konnte eine eidesstattliche Erklärung über
seine Haftbedingungen abgeben, berichtet die palästinensische
Nichtregierungsorganisation. In einem ähnlichen Fall im
»Russischen Lager« (Al Muscobiyeh) wurde Ashraf Badir
sieben Tage hintereinander so verhört. Fares Mohammad aus
Burqa wurde 24 Stunden hintereinander verhört und
gezwungen, während dieser Zeit in einer sehr schmerzhaften
Haltung zu stehen. Der Gefangene Murad Huwarri wurde von
einem höheren Vernehmungsbeamten in Al Muscobiyeh brutal
geschlagen, als er sich über einen wachhabenden Beamten
beschwerte.
Den Gefangenen wird das Recht auf persönliche Habe
vorenthalten: Addameer bringt seine tiefe Besorgnis darüber
zum Ausdruck, daß es negative Auswirkungen auf die
palästinensischen Häftlinge hat, wenn israelische Behörden
verbieten, daß das Internationale Komitee des Roten Kreuzes
und andere Organisationen den Gefangenen grundlegende
Bedarfsartikel stellen. Die Gefangenen leben schon unter
harten Bedingungen, weil es am Nötigsten fehlt, so zum
Beispiel an angemessener Nahrung. Die israelischen
Behörden gestatten es nur den palästinensischen Familien, die
Einwohner von Jerusalem sind und einen blauen israelischen
Ausweis haben, ihren inhaftierten Angehörigen grundlegende
Bedarfsartikel zu bringen - und auch dies nur in sehr
begrenztem Umfang.
Viele Familien in der Westbank, die ihre Angehörigen in
israelischen Gefängnissen wegen der seit zwei Monaten
andauernden Abriegelung nicht besuchen können (Anträge auf
Reiserlaubnis werden abgelehnt), haben versucht, ihren
Angehörigen Lebensmittel zu schicken bzw. zu bringen,
wurden aber meist abgewiesen. Häufig werden sie von
israelischen Soldaten mit Verhaftung bedroht.
Die israelischen Behörden haben den palästinensischen
Gefangenen für über acht Wochen Familienbesuche
verweigert. Seit dem Beginn des Al-Aksa-Aufstands wurden
alle Reiseerlaubnisse für Palästinenser innerhalb von Israel für
ungültig erklärt und daher sowohl den palästinensischen
Familien wie den palästinensischen Anwälten der Zugang zu
den Inhaftierten verweigert, die in Gefängnissen in den seit
1948 okkupierten Gebieten festgehalten werden. Versucht
haben die israelischen Behörden indes, mit den
palästinensischen Gefangenen über Familienbesuche zu
verhandeln - aber mit besonderen Bedingungen. Die
Hauptpunkte dabei: Familienbesuche sollten auf Eltern,
Ehefrauen und Kinder bis zu zehn Jahren begrenzt sein;
Besuchserlaubnisse für diejenigen, die in diese Kategorien
fallen, sollten nur für einen Tag gültig sein; eine Mitnahme von
Lebensmitteln und persönlicher Habe sollte nicht erlaubt sein.
Die palästinensischen Gefangenen wiesen diese Konditionen
zurück; daher werden ihren Familien von den israelischen
Behörden bis heute keine Besuche gestattet.
Die strengen Maßnahmen der israelischen Behörden sind
nicht auf die Verhinderung von Familienbesuchen begrenzt,
sondern auch auf Telefonate zwischen Gefangenen und ihren
Familien. Das ist insbesondere deshalb besorgniserregend, weil
die Gefangenen von der Außenwelt isoliert sind, keine
Nachrichten über ihre Familienangehörigen und Freunde
erhalten und nicht wissen, ob diese angesichts der anhaltenden
Angriffe auf palästinensische Wohngebiete mit Panzern und
schwerem Feuer von Maschinengewehren in Sicherheit sind.
Ohne jeglichen Kontakt zu ihren Familien bleiben die
palästinensischen Gefangenen in Sorge um Sicherheit und
Gesundheit ihrer Familien und ihrer Freunde.
Addameer hat durch Anwaltsbesuche festgestellt, daß sich
der Gesundheitszustand der palästinensischen Gefangenen
sichtlich verschlechtert, insbesondere treten Probleme mit
Haut, Zähnen und Knochen auf. Dies ist eine direkte
Auswirkung davon, daß die israelischen Behörden seit dem
Beginn der Unruhen am 29. September keine Arztbesuche
mehr zulassen.
Die Organisation beobachtet mehrere »Letztes-Drittel«-
Fälle, in denen der Gefangene einem besonderen Komitee
vorgestellt wird, um festzustellen, ob nach Verbüßung von
zwei Dritteln der Haftstrafe die Möglichkeit der vorzeitigen
Entlassung besteht. Dieses Komitee wurde Anfang Oktober
2000 eingesetzt - beschlossen war dies jedoch bereits lange
vor dem Ausbruch der gegenwärtigen Unruhen. Die
israelische Gefängnisverwaltung legt dem Komitee über
bestimmte Gefangene, die für eine vorzeitige Haftentlassung in
Frage kommen, Berichte vor. Addameer erfuhr nun, daß die
Entscheidungen dieses Komitees durch die anhaltenden
Unruhen beeinflußt wurden, da als Grund für die Abweisung
von Anträgen auf vorzeitige Entlassung angegeben wurde, der
Gefangene könnte sich nach seiner Entlassung an den
Unruhen beteiligen.
Unter den Addameer vorliegenden Fällen sind 16
palästinensische Gefangene, die über zwei Drittel ihrer Strafe
verbüßt und Anträge auf vorzeitige Entlassung gestellt haben.
Muayad Abu Baker und Khaled Jadou waren unter jenen,
deren vorzeitige Entlassung abgelehnt wurde. Vier Gefangene
wurden entlassen, die anderen haben ihre Anträge ruhen
lassen, da sie befürchten, ihre vorzeitige Entlassung werde
aufgrund der derzeitigen Situation nicht durchkommen.
(jW)
*** Addameer im Internet: www.addameer.org
taz Hamburg Nr. 6303 vom 22. November 2000, Seite 21
URL: http://www.taz.de/tpl/2000/11/22/a0225.nf/stext.Name,ask14514aaa.idx,10 Verbrechen: Zettel verteilt
Von Peter Ahrens
Afrikaner wird von BGS-Beamten in der Wandelhalle des Hauptbahnhofs verprügelt und
erhält Strafanzeige wegen Körperverletzung
Adejumo Oyeleye hat ein Anliegen: "Ich sage: Waffenproduktion muss eingestellt werden." Weil er findet, dass
ganz viele Menschen diese Meinung teilen sollten, hat er das auf Zettel geschrieben, die er gedruckt und vervielfältigt
hat und in der ganzen Stadt verteilt. So auch am 27. Oktober in der Wandelhalle am Hauptbahnhof - deswegen hat er jetzt ein
Verfahren wegen Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt am Hals.
Die S-Bahn-Wache hatte etwas dagegen, dass er dort seine Flugblätter unters Volk brachte. Sie riefen Beamte des
Bundesgrenzschutzes, und die "haben mich zu viert sofort gepackt, auf den Boden geworfen und mir die Knie in den
Rücken gedreht". Es sei überhaupt keine Zeit gewesen zu reagieren oder zu argumentieren. Die Beamten
verpassten ihm Handschellen und nahmen ihn mit auf die Wache am Hachmannplatz. Dort, so schildert Oyeleye, rissen sie ihm
Haare aus dem Kopf. Als er daraufhin schrie, bekam er nur zu hören:
"Schrei ruhig, hier hört dich keiner."
Er habe sich ausziehen müssen, sei eingesperrt und erst eine Weile danach wieder freigelassen worden - ohne ein Wort
der Entschuldigung. "Das war ganz schlimm, aber ich wollte die Sache auf sich beruhen lassen." Bis er jetzt eine
Vorladung vom BGS erhielt, in der er lesen durfte, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden ist: Widerstand
und Körperverletzung. "Dabei habe ich doch gar nichts gemacht."
Das sieht der BGS anders. Laut Sprecher Andreas Bebensee habe sich Oyeleye gegen die Festnahme gewehrt und bei dem
Versuch, sich dem Polizeigriff zu entziehen, einem Beamten per Kopfstoß das Nasenbein gebrochen. Der Beamte habe
darauf "den Kopf des Mannes fixieren müssen, und dabei hat er ihm wohl Haarbüschel entnommen". Die
Strafanzeige werde man vom Bundesgrenzschutz aus auf jeden Fall aufrecht erhalten. Oyeleye hat auch drei Wochen nach dem
Vorfall noch Prellungen, Kopf- und Rückenschmerzen und ist in ärztlicher Behandlung.
Seit 1980 lebt der Nigerianer in Deutschland, "die Polizei habe ich bisher immer als die
Friedenshüter angesehen und ihre Arbeit gewürdigt". Von der Verteilung der Flugblätter bringt ihn der
Vorfall aber nicht ab. "Das ist meine Mission, das werde ich weiter tun." Demnächst will er wieder in die
Wandelhalle gehen.
"junge Welt" vom 14. November 2000
URL: http://www.jungewelt.de/2000/11-14/011.shtml Zivilcourage teuer bezahlt
[...]Laurette R. beobachtete am 8. Mai dieses Jahres am
Hamburger Sternschanzenbahnhof die Festnahme eines
afrikanischen Jugendlichen. Sie gab an, die Brutalität, mit der
die Beamten dabei zu Werke gingen, sei ihrer Ansicht nach
»völlig überzogen« gewesen. Deshalb sei sie laut schreiend auf
die Gruppe zugelaufen, um andere Passanten darauf
aufmerksam zu machen und um den Beamten zu
demonstrieren, daß sie beobachtet werden. Mit ihrem
beherzten Eingreifen handelte sie sich allerdings nur ihre
eigene Festnahme ein. Dabei trug sie Schürfwunden am Knie
davon. Handschellen wurden ihr so fest zugezogen, daß sie noch Tage später
Hämatome an den Handgelenken hatte. Ein Polizist beschimpfte sie fortwährend
als »Schlampe« und »Tussi«. Während der Fahrt zur Wache faßte er ihr mit den
Worten: »Ist das etwa ïn Kerl oder was?« gezielt zwischen die
Beine. Das Ganze endete mit einer Anzeige wegen
Beamtenbeleidigung, Widerstand gegen die Amtshandlung der
Festnahme sowie Körperverletzung gegen sie. [...]
"junge Welt" vom 9. November 2000
URL; http://www.jungewelt.de/2000/11-09/010.shtml
Kinder »verhaftet und weggesperrt«
junge Welt dokumentiert die Erklärung einer »Notgemeinschaft betroffener Eltern« aus
Düsseldorf
Wir, die Eltern von am 28. 10. 2000 festgenommenen Kindern
und Minderjährigen, erklären:
Es ist für uns erschreckend, daß am 28. 10. 2000 im
Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen den Nazi-Aufmarsch in Düsseldorf
wahllos Kinder und Minderjährige ohne konkrete Tatvorwürfe von Polizeikräften
verhaftet wurden. Es ist skandalös, daß nach Berichten der
versammelten Eltern unter anderem
- eine unbekannte, aber große Zahl von Kindern und
Jugendlichen, zumeist ohne jede konkrete Begründung
festgenommen und in zahlreichen Fällen gefesselt wurden;
- daß selbst 12jährige Kinder widerrechtlich und ohne jeden
Tatvorwurf polizeilich vernommen und verhört wurden;
- daß die Eltern von der Polizei zu keiner Zeit über die
Festnahme ihrer Kinder informiert wurden;
- daß gegen Kinder ohne jeden Anhaltspunkt und ohne
konkrete Begründung wahllos Ermittlungsverfahren wegen
Landfriedensbruch eingeleitet wurden;
- daß Kinder erkennungsdienstlich behandelt und in
Computern der Polizei und des Staatsschutzes erfaßt wurden;
- daß minderjährige Mädchen bis auf die Unterwäsche
ausgezogen und in Räumen mit sexistischen Kalenderbildern vernommen wurden;
- daß minderjährige Kinder nach Essen transportiert, dort
zwischen acht und zwölf Stunden unter unmenschlichen
Bedingungen (Käfige, nackter Fußboden, ohne Heizung und
gefesselt) festgehalten und mitten in der Nacht fernab von zu
Hause freigesetzt wurden; [...]
"Frankfurter Rundschau" Online vom 8. November 2000
URL: http://www.fr-aktuell.de/archiv/fr30t/h120001107006.htm
Gericht verurteilt Polizisten wegen Misshandlungen
- LANDAU, 7. November (dpa). Vier Bundesgrenzschutz-Beamte
sind wegen Misshandlung eines Asylbewerbers am Dienstag vom Amtsgericht Landau zu
Bewährungsstrafen zwischen sechs und 15 Monaten sowie zu Geldstrafen verurteilt worden. Das Gericht hielt
es für erwiesen, dass sie den Mann aus Togo bei einem Einsatz vor rund zwei Jahren geschlagen und gestoßen
hatten. Sie wurden wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt in Tateinheit mit Nötigung verurteilt.
In einem ersten Verfahren vor dem Amtsgericht waren die vier vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen
worden.
"Frankfurter Rundschau" Online vom 30. September 2000
URL: http://www.fr-aktuell.de/archiv/fr30t/h220000929106.htm
"Sie wollten mich in meiner Würde verletzen"
Deutschkurde zeigt Polizisten wegen Misshandlung an
Von Carla Ihle-Becker
Drei Beamte einer Zivilstreife
sollen einen Deutschkurden bei einer Personenkontrolle beleidigt, gewaltsam
entkleidet und verletzt haben. Die beschuldigten
Polizisten widersprechen. Nach
ihrer Darstellung soll sich der Mann der "erkennungsdienstlichen
Behandlung" widersetzt haben.
ALSFELD. Azad B. ist nach
eigenen Angaben am 9. September auf der Autobahnraststätte Alsfeld-West
(Pfefferhöhe) von einer Zivilstreife der Polizei angehalten worden. Die
Familie von B., die im Wagen saß, ist dabei Zeuge der folgenden
Vorgänge geworden: Als B. sich bei den Beamten nach dem Grund der
Kontrolle erkundigt hätte, sei ihm von einem
Polizisten in harschem Ton
befohlen worden: "Halt dein Maul, du redest nur, wenn ich es erlaube!"
Im weiteren Verlauf sei er gegen sein Auto geschleudert und geschlagen worden,
wobei einer der Beamten ihn und seine Familie dabei als
"Scheißkanacken" und "Drecksäcke" beschimpft habe.
Unter weiterer Gewaltanwendung hätten die Beamten ihn festgenommen, obwohl
er und seine Familie gültige Personalausweise und Führerschein
vorgelegt hätten. Auf dem Weg zur Wache in Alsfeld hätten die Beamten
auf seinen Protest hin erklärt: "Für dich gelten keine
Rechte." Er solle still sein, sonst bekäme er "eine aufs
Maul".
Bei den erkennungsdienstlichen Maßnahmen auf der Wache
seien die Einschüchterungen und Demütigungen weitergegangen, gibt
Azad B. in seiner Strafanzeige gegen die Beamten an. So hätten die
Polizisten gedroht, sein Gesicht in Tinte zu tauchen, um einen Nasenabdruck zu
nehmen. Ein Anruf bei seinem Rechtsanwalt sei B. mit der Begründung
verweigert worden, er habe hier keine Rechte. Die Beamten hätten gedroht,
er werde sein Brillenglas im Auge wiederfinden und seine Gewichtsangabe, die um
ein Kilo von seinem tatsächlichen Gewicht abwich, werde als Lüge
bezeichnet.
Als er nach einer Aufforderung der Beamten, sich auszuziehen,
gezögert und erfolglos nach einer Begründung gefragt habe, habe ein
Beamter ihm das Hemd zerrissen. Nach seiner gewaltsamen Entkleidung habe er
geblutet.
Seine Narben und Muttermale seien gezählt, sein
Oberkörper fotografiert und seine Blinddarmnarbe begutachtet worden.
"Hast du eine Narbe am Arsch?", soll einer der Beamten dabei
gefragt haben. Die Polizisten hätten sich während der Prozedur
über seine gut sitzende Kleidung und seine Markenunterwäsche
unterhalten, gibt B. weiter an. Um seine Verletzungen dokumentieren zu lassen,
begab B. sich sofort nach seiner Entlassung aus dem Revier ins nahe gelegene
Alsfelder Krankenhaus. Dort wurden ihm frische Schürfwunden und Prellungen
bescheinigt.
B., der in Hamburg als freier Journalist arbeitet und gerade
an seiner Promotion schreibt, sagte der FR, er sei noch niemals zuvor
in Deutschland derartig behandelt worden und regelrecht geschockt gewesen.
"Diese Polizisten wollten mich in meiner Würde verletzen - und das
haben sie auch geschafft!" Am Donnerstag (28. September) hat B. über
seine Hamburger Anwältin Anzeige gegen die drei Beamten wegen Beleidigung,
Freiheitsberaubung und Körperverletzung im Amt gestellt. Auf die Frage,
warum ihr Mandant mit dieser Reaktion zwei Wochen gewartet habe, sagte
Anwältin Gabriele Heinecke der Frankfurter Rundschau, dafür
sei sie - nicht ihr Mandant - verantwortlich.
"Das ist gesetzlich gedeckt"
Ihrer Erfahrung nach habe ein Ausländer vor Gericht
nur geringe Chancen, seine Version gegen die von Polizeibeamten als
glaubwürdig zu vertreten, wenn seine Zeugen ausschließlich aus
Familienmitgliedern bestünden. Deshalb habe sie zunächst als
Rechtvertreterin von B. an die Alsfelder Polizei geschrieben und den Grund der
Festnahme und der erkennungsdienstlichen Maßnahmen erfragt. Bis heute sei
darauf keine schriftliche Antwort erfolgt. Bei einer telefonischen Nachfrage
der Anwaltskanzlei bei einem der drei betreffenden Beamten sagte der Polizist,
es habe sich um eine "verdachtsunabhängige Kontrolle" gehandelt.
An der Raststätte Pfefferhöhe wäre immer viel los, deshalb
würden dort öfter Kontrollen durchgeführt.
Nach Angaben des
Leiters der Kriminalpolizei in Alsfeld, Matthias Weber, haben die drei Beamten
ihrerseits Anzeige erstattet, weil B. sich den polizeilichen Maßnahmen
widersetzt, die Beamten beleidigt und einen von ihnen verletzt habe. Bei der
Staatsanwaltschaft Gießen liegen demnach zwei Anzeigen vor - die zweite
beziehe sich auf "passiven Widerstand B.s bei der erkennungsdienstlichen
Behandlung". Auf die Frage, warum B. sich auf der Wache habe ausziehen
müssen, sagte Weber der FR: "Das ist gesetzlich
gedeckt." Da er seine Beamten als ruhig und besonnen kenne, hielte er die
Vorwürfe von B. für abwegig, erklärte Weber. Einer
Überprüfung der Vorfälle sähen er und seine Kollegen mit
Gelassenheit entgegen, sagte Weber.
"Frankfurter Rundschau" Online vom 20. September 2000
http://www.fr-aktuell.de/archiv/fr30t/h120000919029.htm
Europäischer Gerichtshof
Niederlande wegen Folter eines Türken angeklagt
STRASSBURG, 19. September (afp). Mit Foltervorwürfen einer
türkischen Familie gegen die Niederlande hat sich am Dienstag der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg befasst.
Dabei geht es um einen jungen Türken, der im Januar 1993 nach einem Unfall
nahe der niederländischen Stadt Venlo festgenommen und von einem
Polizisten brutal behandelt worden war. Der 32-Jährige
starb einen Tag später.
Der Autopsie zufolge hatte der Türke kurz vor dem Unfall am
Steuer einen Schlaganfall erlitten. Der Polizist hielt ihn für betrunken
und nahm ihn fest. Er fesselte den Türken mit Handschellen, schleifte ihn
über den Boden ins Polizeiauto und presste seinen Kopf gegen den Boden des
Fahrzeugs. Erst einen Tag später wurde ein Arzt gerufen, der den Mann in
eine Klinik einwies. Dort starb er kurz darauf an den Folgen des Schlaganfalls.
Der Polizist wurde wegen Körperverletzung angezeigt, zwei Jahre
später aber mangels Beweisen freigesprochen.
Die Familie des Toten macht geltend, bei rechtzeitiger Behandlung hätte der Mann
möglicherweise gerettet werden können. Ihr Anwalt prangerte auch den
"alltäglichen Rassismus" an, dem Türken in den Niederlanden
ausgesetzt seien. Ein Vertreter der Regierung in Den Haag wies die
Vorwürfe zurück. Der Tod sei die Folge einer Kette bedauerlicher
Umstände gewesen. Die Niederlande sind nach Frankreich das zweite EU-Land,
das sich vorm Menschenrechtsgerichtshof wegen Folter verantworten muss. Paris
war wegen schwerer Misshandlung von Festgenommen durch Polizisten verurteilt
worden.
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